Customer Relationship Management (CRM) ist eine Geschäftsstrategie, die auf lohnende und profitable Kundenbeziehungen ausgerichtet ist. CRM-Software ist hierbei die – Sie werden es ahnen – Schlüsseltechnologie für Ihre CRM-Strategie. Was uns jedoch hier bei Cloudspace Analytics intern treibt ist, dass wir eine zunehmende Divergenz wahrnehmen zwischen dem, was CRM Systeme leisten sollten und dem, was fehlt, um Kunden zu begeistern. Es geht  schließlich darum, eine Strategie umzusetzen und die echten, authentischen Beziehungen zu Ihren Kunden zu vertiefen.

Don und ich sind nun seit den 90ern im CRM-Geschäft. So alt ist auch die CRM-Software mit ihrer Kundendaten-Management-Technologie. Hach, mir kommen beim Schreiben manche Erinnerungen hoch: Das waren noch Zeiten, als man im Telco-Bereich um die „letzte Meile“ mit der Telekom konkurrierte und den SME-Voice-/ISP-Markt aufmischen wollte. CRM bedeutete zu jener Zeit, Call-Center-basierter Customer Service, Order-Management-Systeme und eine BEA-WebLogic-Middleware auf der Grundlage von SunSolaris Servern und Oracle Datenbanken mit einander zu verbinden. Cloud und standardisierte API wie auch echte Analytics, die über reine Kündigerwahrscheinlichkeiten hinaus gingen, gab es nicht.

Aber es scheint wieder einmal die richtige Zeit für eine grundlegende Aktualisierung, für DIE Zukunft im Kundenbeziehungsmanagement, für DEN wieder einmal erweiterten Zweck. Hier unsere gewünschten Basisfunktionalitäten, die es seit den 90ern aus unserer Sicht immer noch nicht gibt:

  • Kunden-Sicht, wir meinen eine echte Kundendaten-Management-Anwendung
  • Nativ verkaufsgetrieben
  • Analyse-getriebene Kommunikation bzw. data-driven Marketing
  • Fortgeschrittene Vereinheitlichung und Automatisierung von Prozessen und dadurch Steigerung der operativen Effizienz

Aber was fehlt wirklich?

  • Kundenkonversations-getriebene Funktionalitäten
  • Customer Engagement-Anwendungen in sämtlichen Kanälen für konsistente und betriebswirtschaftlich lohnende Kundenerfahrungen
  • Erzeugen und zeitnahes Messen von Kundenbeziehungen, die den Kunden wichtig sind

 

November Rain

Mmmh, klingt trotzdem irgendwie so, wie die Verkaufsprospekte es schon immer versprochen haben. Nur, mit Kunden echte Gespräche und echte Dialoge zu initiieren und dies über die bevorzugten Online-und Social-Kanäle zu tun, ohne zu penetrieren aber gleichzeitig alles zu messen und zu analysieren, zu warnen, zu handeln und effizient einzugreifen – wouwhhh ­– das wäre es doch, oder? Vielleicht ist der Anfang mit sozialen Zuhören getan. Und zusätzlich mit dem Ausmessen von User Engagement und der Decision Journey. Vielleicht. Aber da kommen sie wieder, die späten 90er mit dem leicht dramatisch depressiven Unterton und einer Mischung aus Ballade und Rock Song à la „November Rain“ von Guns N‘ Roses. Denn schmalzige Klavierklänge und CRM-Dashboards hat es immer schon gegeben und ­– machen wir uns nichts vor – es wird sie immer geben. Und dies nicht zuletzt wegen des KPI-Wahnsinns in wenig marktorientierten Vorstandsetagen. Dort werden weniger Steuerungsgrößen sondern oft nicht vergleichbare Daten genutzt, um irgendwie Impact herbei zu reden. Da reichen auch ein paar cool aussehende CRM Software-Demos, um gerade noch besser zu sein, als das noch altbackenere Gerede aus dem Bereich des unterbrechenden Marketings. Sorry für diesen Einwurf, aber beim erneuten Abspielen von „November Rain“ fragt man sich auch: What kind of bad asses have piano solos?

Also zurück: Wie bindet man einen Kunden, der sich zunächst mit Google-Suchen auf die Reise der Befriedigung seiner Bedürfnisse macht und dabei sicherlich nicht mehr als zwei Suchergebnisseiten Mühe aufwendet? Oder anders gefragt, was muss CRM in diesem Kontext leisten, damit die Rechnung tatsächlich aufgeht, damit ein bestehender Kunde günstiger wird, als ein mit Transaktionsdaten-geschwängerter Retagreting-Interessent? Die Herausforderung – und genau das ist die eigentliche CRM-Innovationschance – ist, die Interpretation von Signalen aus Werbedruck und Opinion Mining deutlich zu verbessern – gerade wegen der Renaissance des Content-Marketings. Am Ende erwartet ein Marketier von einer (teuren) Technologie, dass sie ihm sagt, wann es eine Möglichkeit zu einem Produktverkauf oder die Lösung eines konkreten Kundenproblems gibt. Sie muss aufzeigen, wie auf real existierende Bedürfnisse geantwortet oder eine potenziell virale Situation genutzt werden kann. CRM-Lösungen verdienen ihren Namen nämlich darin, wenn sie Geschäftsentwicklungschancen aufzeigen und erkennen helfen, welche Veränderungen der Strategie durch eine bestimmte Marktbewegung notwendig wird.

 

Verbesserte Kundenerfahrungen

CRM-Software sollte im  operativen Tagesgeschäft dazu beitragen, die Kundenerfahrung (CX) an jedem Kundenkontakt zu verbessern. CRM ist aber bestenfalls – sofern alle Quellen angebunden sind – ein Kunden-Aufzeichnungssystem. Um eine überzeugende CX-Strategie vollkommen zu automatisieren dauert es sicher noch. Aber schon heute sind die Lifecycle Marketing Ansätze gut entwickelt, die auch in kleinen Unternehmen Einzug halten. Aber gibt es da eine Methode, um CX tatsächlich auszumessen? Der hierfür notwendige Werkzeugkasten muss Voice of the Customer (VOC) Tools beinhalten, die verstehen helfen, was Kunden sagen und das Unternehmen verstehet, was seine Kunden wollen bzw. wie sie am besten reagieren sollen. Es bedarf also Decision-Journey-Mapping-Tools, um Marketing-, Vertriebs- und Service-Prozesse zu integrieren. Wir benötigen bessere Next Best Offer- (NBO) oder Next Best Action-(NBA) Tools, um wirklich passende Angebote zu empfehlen (auch bei geringeren Fallzahlen oder sehr heterogenen Sortimenten). Warum? Nicht, weil es auf Dashboads passt, gut aussieht. Auch nicht, weil sie des Data Scientist liebstes Spielzeug sind, sondern weil es der Vermessung des Kundenprofils dient:

„Gauß kam auf den Zufall zu sprechen, den Feind allen Wissens, den er immer habe besiegen wollen. Aus der Nähe betrachtet, sehe man hinter jedem Ereignis die unendliche Feinheit des Kausalgewebes. Trete man weit genug zurück, offenbarten sich die großen Muster, Freiheit und Zufall seien eine Frage der mittleren Entfernung, eine Sache des Abstands. Ob er verstehe?“

CRM-Technologie muss die Informationen als Ressource nutzen, damit intendierte Interaktionen mit dem Kunden, Engagement Kontaktpunkte oder Momente der Wahrheit entstehen können, um Verkäufe, Erfahrungen, Empfehlungen, Abwanderungen oder allgemein Kundenbeziehungen verbessern. Wir haben jedenfalls noch keinen Marketingleiter getroffen, der wirklich jeden Tag eine 360-Grad-Sicht auf seine Kunden benötigt.

 

Agilere Methoden zum Orchstrieren der Cusotmer Journey

In den heutigen Marketingabteilungen gilt es auch, die zahlreichen Dienstleister, Agenturen, freie Mitarbeiter und wechselnde eigene Ressourcen in einen reibungsfreien Arbeitsmodus zu bekommen. Dazu benötigt man einfach zu bedienende Workflow- oder Business Process Management (BPM) Tools im CRM, die Customer Journeys kreieren und orchestrieren helfen. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Produkt- und Customer-Journey-Entwicklungsmethoden miteinander. Längst werden bei einigen Unternehmen hierzu passende neue Organsiationsmodelle diskutiert. Neben dem Chief Digital Officer gibt es dort eine zusätzliche Aufsicht über alle Interaktionen des Unternehmens mit seinen Kunden; mancher Orten in der Rolle des Chef Experience Officers. Viele CDOs übernehmen diese Kundeninteraktionsverantwortung bereits heute. In der Regel berichtet ein Kundenstratege an den CDO, dessen Aufgabe es ist, sämtliche Investitionen in die Customer Journeys der Kundensegmente zu optimieren. Dabei kommt es darauf an, richtig zu priorisieren und lohnende weiße Flecken in der digitalen Entwicklung der Customer Journeys auszumachen. Ohne ein geeignetes CRM-Tool wird man sich jedoch damit schwer tun. Wenn also Customer Experience Management eine Strategie ist, die Kundenbeziehungen entwickelt und vertieft und Verbindungen zu neuen Kunden schafft, dann sind genau hier bahnbrechende Innovationen notwendig. Somit kann auch CX-Technologie nicht mehr getrennt von CRM existieren. Hier muss und wird es eine Verschmelzung geben.

 

Bessere Data Science

Erfolgreiche Unternehmen werden bei ihrer Entscheidungsfindung von Fakten und analytischen Insights unterstützt. In der Kundeninteraktion entstehen solche Insights durch robuste Tests und fortgeschrittene statistische Modellierungen, um aus Daten Fakten zu machen, die die Entscheidungsfindung versachlichen und verbessern. Aber die wenigsten Unternehmen haben die erforderlichen Kompetenzen und Tools. Seit der Finanzkrise arbeiten viele Analysten im gut bezahlten Risikomanagement der Finanzbranche. Seit Jahren suchen Consultancies, Agenturen und Unternehmen verzweifelt nach fähigen Analysten. Aber auch Tool-seitig liegt ein Dilemma vor: Die meisten CRM-Software-Systeme liefern nur grundlegende, historische Informationen, die in irgend eine Art von fancy Reporting gepresst wird (Sie erinnern sich an die Dashboards!). Als CDO muss man um nach vorne zu schauen, sicher prognostizieren und danach die Investitionen ausrichten. Bessere Data Science startet mit intelligenteren Kundenprofilen. Denn Kunden sind beim Erzeugen von Transaktionsdaten und in sozialen Kanälen am produktivsten. Sie ermöglichen Unternehmen auf diesen Ebenen, ihr tatsächliches Einkaufsverhalten und ihre Vorlieben zu verstehen. Zu wissen, was jeder Kunde gekauft hat, retourniert hat und wann es unerwartete Brüche in seinem Verhalten gab, kann zu einem Transaction-Graph zusammengefasst werden. Zusätzlich schaffen ‚Gefällt mir‘-Klicks, Bewertungen, Weiterleitungen, Tweets oder Kommentare einen hochspezifischen Social-Graph. Wird das Kundenprofil im CRM-System mit diesen sozialen Attributen erweitert, gelingt eine wesentlich bessere Kundensegmentierung, auf deren Grundlage ein wesentlich relevanteres Messaging möglich ist. Im Ergebnis erweisen sich solche Ansätze wegen des besseren Angebots-fit und einer gesteigerten Loyalität im Kundenportfolio als oft einziges Mittel, wenn man gegen den Kategorieführer noch punkten will.

 

Transaction-Graph mit Social-Graph kombinieren

Bei Cloudspace Analytics haben wir mit Predicitve Loyalty Segments einen Algorithmus entwickelt, der jeden Kunden auf Churn-Muster untersucht und warnt, welche Kundenbeziehungen wahrscheinlich gefährdet sind oder so aussehen, dass sie bald Vergangenheit werden. Wir haben Algorithmen, die erkennen, welchen Wert ein Kunde einmal kreieren wird. Mit diesen Informationen lassen sich für jeden Kunden weitere Investitionen in From von Gutscheinen oder Coupons feingliedrig aussteuern. Außerdem gelingt es mittelfristig, das Sortiment besser an der eigenen Klientel auszurichten. Schon heute kann man jenseits von Gießkannen-Newsletter-Marketing Kunden einfach identifizieren, die am wahrscheinlichsten auf Cross-Selling oder Up-Selling-Angebote ansprechen. Deswegen beschäftigen wir uns neben dem transaktionalen User Engagement auch mit sozialem Engagement.

Wie kann man hier Social-Monitoring integrieren? Für den Modellierungsprozess wäre es notwendig, ein möglichst vollständiges Verhaltensmodell des Kunden zu haben und sowohl das Verhalten des einzelnen Kunden als auch die wahrscheinlichste erfolgreiche Antwort vorhersagen zu können. Das wäre ein wesentlich robusterer Daten-getriebener Weg, um Customer Journeys nachhaltig zu verbessern. Zunächst muss man analysieren, was Interessenten und Kunden zu jedem Zeitpunkt über die angebotenen Produkte und über die die Wettbewerber denken und daraus ableiten, welche Veränderungen der eigenen Marketingaktivitäten, Angebots-Mix, Promotions, Treueprogramme, Kundensegmente und Konkurrenten die eigenen Kosten- und Gewinnstrukturen beeinflussen. Hier hinter liegen noch weitere – längst zugängliche (https://www.govdata.de/) – Einflussfaktoren, wie etwa spezifische Bevölkerungs-, Gesundheits- und ökonomische Marktindikatoren. Es wird nicht mehr lange dauern, diese und andere Faktoren zu analysieren, Muster zu erkennen und Unternehmen in die Lage zu versetzen, Änderungen für eine verbesserte Kundeninteraktion und der Leistungsfähigkeit des Unternehmens aufdecken zu können. Wetterprognosedaten nutzen wir schon heute im Campaigning einiger Kunden. Es scheint jedoch so, dass die meisten Daten noch nicht für CRM verwendet werden. Paradoxerweise ertrinken Unternehmen nicht an zu viel Daten, sie verhungern eher aufgrund mangelnder Informationen. Sie suchen in der Regel nach Unterstützung, aus Daten Erkenntnisse zu gewinnen. Denn sie wollen verstehen, wie man Kunden begeistern kann, differenzierende Kundenerlebnisse schafft und neue Produkte und Dienstleistungen, die noch mehr Begeisterung auslösen, in das Angebot aufzunehmen.

 

CRM Ausblick

Kein einziger CRM-Softwarehersteller bietet, was wir hier aufgezeigt haben. Es gibt immer mehr Anbieter, die vergleichsweise günstige CRM-Tools mit Funktionalitäten der ersten Generation vertreiben. Der Markt braucht aus unserer Sicht jedoch viel mehr. Denn die Machtstrukturen haben sich schon längst von den Anbietern auf die Kunden verlagert. Um hierauf reagieren zu können, müssen Unternehmen funktionierende Kompensationsstrategien entwickeln, und ihre Strategien durch innovative Technologien zu unterstützen. Die Dynamik in der Änderung der Kundennachfrage ist der Technologie, die diese Nachfrageänderungen verstehen und managen soll, längst davongeeilt. So steht auch der CRM-Anbietermarkt vor Veränderungen. Salesforce hat (ausgerechnet) im November ein neues Produkt-Set angekündigt: die Salesforce Marketing Cloud Predictive Journey. Offenbar werden Predictive Scores und Predictive Audiences in einen Journey Builder integriert. Somit werden unterschiedliche Daten in ein zusammenhängendes Bild des Kunden, den man entwickeln will,  zusammengefasst. Wir hatten noch nicht die Gelegenheit mit Unternehmen zu sprechen, die diese neuen salesforce Produkte verwenden.

Es gibt auch andere Cloud-CRM Unternehmen, die an Lösungen in diesem Bereich arbeiten. Ich glaube aber, dass die Innovationsgeschwindigkeit den CRM-Anbietermarkt aufwühlen und bereinigen wird. Sicher werden am Schluss diejenigen überleben, die von Skalenerträgen profitieren und ihre Investitionen in solche Innovationssprünge entsprechend umlegen können. Viele kleine Anbieter müssen aus ihrer Not eine Tugend machen und offene CRM-Plattformen bauen, die arbeitsteilige Datenveredelungen und den Ausbau ihrer Lösungen zu Ökosystemen erlauben.